Astrologie mit Astro-Astrid: Was uns die „Zeichen“ sagen

Text: Astrid Hilbert

„Widder, Stier, Zwilling …: Sie sind ehrgeizig, gebildet und liebenswert. Wenn Sie sich jetzt auf den Hosenboden setzen, könnte das aktuelle Semester ein echter Erfolg werden. Der Frühling hält neue Chancen bereit.“ Mit solchen Horoskopen starten viele ins neue Jahr, einige glauben auch daran. – „Aber dieses hier passt wirklich auf mich!“ – Kunststück: Die meisten Leser hier haben eine akademische Laufbahn eingeschlagen oder abgeschlossen. Somit verfügen sie über einen gewissen Grad an Bildung und Ehrgeiz. Jeder Mensch hat es verdient, geliebt zu werden und ist somit liebenswert. Sogar Griesgrame! Zum Erfolg führt bekanntlich der Fleiß. Und im Frühling, wenn Prüfungen sind, stehen besonders viele Entscheidungen an, die immer auch Chancen bieten.
 

So war es leicht, hier mit diesem Horoskop viele anzusprechen. Ich gebe also zu, dass ich keine Sterne deuten kann. Diejenigen, die an meine astrologischen Kräfte glaubten, sind leider einem „Bias“ aufgesessen: Ein Attributionsfehler, bei dem das Erkennbare auf ein Individuum zurückgeführt wird, statt auf äußere, objektive Faktoren.

Immer wieder irren wir uns in solchen oder ähnlichen „Zeichen“. Angefangen beim „Schlafsand“ in unseren Augen (der übrigens nicht vom Sandmännchen stammt) bis hin zum Irrtum, dass der Storch die Kinder bringt (weil er vermehrt auf dem Land vorkommt, wo oft junge Familien leben). Auch mein Name, Astrid, bedeutet im arabischen Raum zwar „Stern“, verleiht mir jedoch keine astrologischen Kräfte.

Aber warum neigen wir dazu, an „Zeichen“ zu glauben?

Zeichen geben uns eine Richtung. Sie vermitteln uns Struktur und Halt und erinnern uns. Wir kennen u.a. Sternzeichen, Verkehrszeichen, Satzzeichen. Letztere strukturieren z.B. diesen Text und helfen dem Leser so, den Sinn leichter zu verstehen.

Als die Menschen begannen, den Verlauf der Sterne aufzuzeichnen, wurden erstmals jahreszeitliche Zusammenhänge erkannt. Diese konnten für den Ackerbau genutzt werden und waren oft mit spirituellen Riten und Kulten verbunden. Spiritualität ist wissenschaftlich oft nicht belegt, aber bis heute für viele Menschen eine starke Sinnquelle. Nach Viktor Frankl ist der Mensch ein nach Sinn strebendes Wesen. So verwundert es nicht, dass in vermeintlichen „Zeichen“ nach Kausalitäten gesucht wird, die uns Orientierung geben und unsere Welt berechenbarer und sicherer erscheinen lassen. Die Erklärungen sind nicht immer wissenschaftlich, aber dafür menschlich! Und wenn es z.B. dazu beiträgt, dass sich mancher jetzt auf den „Hosenboden“ setzt, um das Semester erfolgreich zu beenden, spielt es dann noch eine Rolle, dass das Horoskop in Wahrheit erdacht worden ist? Ist es nicht Sinn des Lebens, das Beste aus seinem Leben zu machen? Vielleicht ist das hier ein Zeichen, sein Glück selbst in die Hand zu nehmen.
 

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Illustration: Monja Marxen

Illustration: Monja Marxen

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